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View Full Version : Wem zeigst du deine Festplatte?


catt
16-02-2007, 00:09
Der Hintergrund:
Darf der Staat heimlich einen Privatcomputer durchsuchen?
Generalbundesanwältin Monika Harms hatte beantragt, dass auf dem Computer eines Terrorismus-Verdächtigen Spionage-Software (Trojaner) per Internet installiert werden darf. Diese sollte den Inhalt der Festplatte kopieren und per Internet an das Bundeskriminalamt schicken. Dieser Antrag ist aber vom Bundesgerichtshof in letzter Instanz abgelehnt worden.
Man argumentiert damit, dass für Verdächtige eine nicht erkennbare Durchsuchung des PCs weniger belastend wäre, als wenn z.B. die Polizei den PC bei einer Wohnungsdurchsuchung beschlagnahmt hätte. Bei einer (richterlich angeordneten!) Wohnungsdurchsuchung müssen entweder der Verdächtige selbst oder eine Vertrauensperson anwesend sein, sie können das Vorgehen der Polizei quasi kontrollieren. Außerdem muß hierzu ein gerichtlicher Beschluß, also ein dringender Tatverdacht vorliegen.
Der Betroffene weiß übrigens heute noch nicht, dass sein Computer heimlich ausspioniert werden sollte (und wird es auch nie erfahren).

Die Pläne:
Nachdem ein solches Vorgehen abgelehnt wurde (es verstößt gegen das Grundgesetz, da die Privatsphäre verletzt wird!), will die große Koalition jetzt solche Untersuchungen nicht nur erlauben, sondern auch ausweiten. Innenminister Wolfgang Schäuble will eine rechtliche Grundlage für die heimliche Untersuchung von Computern schaffen. Dabei geht es nicht nur um eine Änderung der Strafprozessordnung, potentiell muss auch das GRUNDGESETZ geändert werden. Da Union und SPD hier zusammen arbeiten, haben sie sogar eine für eine Änderung notwendige Zweidrittelmehrheit. Nach Schäubles Plänen soll die Durchsuchung von Festplatten sogar noch erheblich ausgeweitet werden. Zur Diskussion steht zum Beispiel, dass Computer auch vorsorglich (also ohne Tatverdacht!) ausspioniert werden dürfen. Damit ist die Privatsphäre eindeutig verletzt. In Nordrhein-Westfalen wurde bereits Ende des letzten Jahres ein entsprechendes Gesetzt für den Landesverfassungsschutz beschlossen.

Das Szenario:
Sollte ein entsprechender Beschluss und eine Änderung des Grundgesetzes (zu beidem ist die Koalition von CDU und SPD im Moment ohne weiteres in der Lage!) durchgesetzt werden, kann die Festplatte eines JEDEN deutschen Internet-Nutzers ausspioniert werden. Dies wird vom Benutzer nicht bemerkt. Es muss auch nicht den geringsten Tatverdacht geben, es kann praktisch jeden von uns treffen. Schäuble selbst ist laut seinen eigenen Aussagen „für einen weiten Anwendungsbereich“.

Warum sollen unsere Festplatten ausspioniert werden?
Wiedermal wird mit der Angst der Bürger gespielt. Man gibt an, dass solche Maßnahmen zur Bekämpfung von Verbrechen (allen voran Terrorismus) heutzutage einfach notwendig sind, man will mit „den Bösen“ ja technisch schritthalten können. Man geht also davon aus, dass Terroristen auch nach einem solchen Gesetz ihre Aktivitäten akribisch auf einer internen Festplatte eines ans Internet angeschlossenen Rechners planen. Natürlich unverschlüsselt. Wie viele Terroranschläge hat es eigentlich in Deutschland in der letzten Zeit gegeben?

Ach ja, was meint eigentlich Herr Schäuble dazu? In einem taz-Interview sagte er auf die Frage: Haben Sie Angst vor den sogenannten Trojanern, also vor Spionagesoftware? „Nein, ich öffne grundsätzlich keine Anhänge von E-Mails, die ich nicht einschätzen kann. Außerdem bin ich anständig, mir muss das BKA keine Trojaner schicken.“
Komisch. Darauf wären High-Tech-Terroristen bestimmt nicht gekommen. Aber vielleicht würde ein Zugriff auf den Computer des anständigen Herrn Stäuble ja endlich ein Licht in den CDU-Spendenskandal bringen?

Wem zeigst du deine Festplatte?
Ein entsprechender Gesetzesentwurf ist, wie gesagt, auf dem Wege und an einer Mehrheit im Bundestag wird dieser nicht scheitern. Wer ein solchen Gesetz (und unter Umständen sogar eine Verfassungsänderung) vermeiden will, muss sich also politisch aktiv beteiligen. Es besteht keine Hoffnung darauf, dass noch mal alles gut geht wenn man sich einfach nur zurücklehnt. Derzeit sind von verschiedenen Gruppen Aktionen gegen diese Änderungen geplant (Demonstrationen, offene Protestbriefe). Letztendlich bleibt dem Bürger aber nur eine Verfassungsbeschwerde in Form einer Sammelklage.

Weitere Informationen gibt es z.B. unter:
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/
http://www.starostik.de/VB/vorratsdatenspeicherung.shtml

-catt

C-F
17-02-2007, 03:53
Well catt,
if its really gone thus far already there is little to do about it...its called democracy...over here international phone calls can be tapped into...:frown:

Wie viele Terroranschläge hat es eigentlich in Deutschland in der letzten Zeit gegeben?

I understand 'Frau Meinhoff' is in the process of or has been released from prison...:scratch:

Answer, 'passive resistance' - if only 'windows Vista TM' is on your harddrive, let them have it...:holy: :huh:

Berengar
17-02-2007, 09:07
Ich find, das dürfen die net machen! Ich zeig doch nich jedem meine Festplatte.... außerdem würde das gegen die Grundrechte verstoßen, und die dürfen nich geändert werden!

Dschi-Rex
17-02-2007, 19:02
Statt gläsernem Bürger fordern wir gläserne Verwaltung


http://piratenpartei.de/ (Das ist jetzt keine Propaganda :lol: es geht mir um den spruch)

catt
17-02-2007, 20:06
C-F: Ich möchte deine Illusion nicht zerstören, aber in den USA wurde 2006 ein Gesetz (http://http://de.wikipedia.org/wiki/Military_Commissions_Act) verabschiedet, nach dem es möglich ist, JEDEN Bürger ohne den geringsten Verdacht, eine Straftat begangen zu haben, auf unbestimmte Zeit und OHNE juristische Vertretung ins Gefängnis zu sperren. Hier ist man ja "nur" so weit, den Bürger auch ohne begründeten Verdacht hin auszuspionieren, wir haben immerhin noch das Recht auf einen Anwalt.
Durch dieses Gesetz wurde übrigens ein Recht gebrochen, was sich habeas corpus nennt (lat. „du habest den Körper“, also in etwas dein Körper gehört dir), dieses Gesetz ist (bzw. war) in der angelsächsischen Rechtssprechung bereits seit der Magna Carta von 1215 verankert. Begründet wurde dieses Gesetz, wie auch das in Deutschland geplante Gesetz damit, man benötige es um den Terrorismus zu bekämpfen.

brengar: Das düfen die schon machen, wir haben sie ja dafür gewählt um uns zu regieren. Daß eine Union aus SPD und CDU eine ausreichende Mehrheit hat, um das Grundgesetz zu ändern ist ja letztendlich das Pech (oder die Schuld?) der Wähler. Wie C-F schon sagt: Es ist eben Demokratie

Dschi: Ich finde es schon obskur, daß meine Festplatte durchsucht werden darf, ohne daß nichtmal der Verdacht besteht, daß ich eine Straftat begangen habe; aber Bundestagsabgeordnete noch nichtmal dazu gezwungen sind, ihre vom Volk finanzierten Gehälter offenzulegen. Nicht, daß es mich interessiert. Aber fair ist es nicht.
Vielleicht sollten wir in Zukunft einfach alle Bundestagsabgeordnete werden? Dann besitzen wir vieleicht sogar genug Immunität, um unsere Festplatten nicht heimlich durchsuchen zu lassen?

Übrigens: Meine Antwort ist: 1. Verfassungsklage (vielleicht kann man es ja noch abwenden, beim "Großen Lauschangriff" hat es ja auch geklappt) und 2. in Kukunft 2 PCs (oder zumindest extrene Festplatte), von denen einer nicht ans Internet angeschlossen ist, sollte die Verfassungsklage scheitern.

doedelhai78
18-02-2007, 17:58
Ich glaube, diese Idee ist wieder einmal blos dem blinden Aktionismus und der Ohnmacht der Politik und der Sicherheitsorgane dieses Landes geschuldet.
Damit kann ich mit ein bisschen Glück einen besonders dummen Aushilfsterroristen fangen, aber grundsätzlich verhindern lässt sich mit Überachungsmaßnahmen dieser Art überhaupt nichts.
Im Gegenteil - die deutsche Bevölkerung beraubt sich in diesem Zusammenhang, in dem sie die diesen Vorschlag befürwortenden Politiker geählt hat, selbst eines weiteren Stückchens Freiheit. Letztlich schüren solche Überwachungsmaßnahmen in Verbindung mit den "gut" recherchierten Artikeln in der Boulevardpresse nur das Mißtrauen der Menschen untereinander - dann ird Denunziazion wieder hoffähig... und ich glaub, das hatten wir schon mal...
Ein Staat, der seiner Bevölkerung nicht traut und jeden mit einem Internetanschluss unter Generalverdacht stellen möchte, sollte sich mal überlegen, ob das Problem nicht eventuell hausgemacht ist.

Gruß

Steffen

Flo
19-02-2007, 16:25
außerdem würde das gegen die Grundrechte verstoßen, und die dürfen nich geändert werden!
Dürfen schon, nur ist das "etwas" kompliziert :wink:

catt
19-02-2007, 16:35
Zur Änderung des Grundgesetzes braucht der Bundestag eine 2/3 Mehrheit.
Da im Moment Union und SPD regieren, und der Vorschlag von beiden Partein unterstützt wird, ist eine 2/3 Mehrheit zur Änderung des Grundgesetzes vorhanden.

Webmaster
20-02-2007, 12:14
hier könnte man auch die allgemeine, abgedroschene phrase anbringen:
"wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten"

zudem gibt es dafür auch keinen allgemeinen konsens bisher.
vorallem eine richterliche genehmigung steht bei der online durchsuchung im mittelpunkt der kritik.

wenn man dem entgehen möchte, nutzt man eben kein windows, verschlüsselte datenträger und/oder externe laufwerke, die man nur bei bedarf anschliesst.

solange aber aus den ganzen diskussionen kein gesetzt erlassen worden ist, kann sich erstmal entspannen.

catt
20-02-2007, 12:53
Mir persönlich geht es eher um das Prinzip, daß die Grundrechte so mir nichts, dir nichts eingeschränkt werden sollen. Natürlich kann man sich schützen. Es geht sogar recht einfach, so einfach daß auch Terroristen dies sicherlich tun werden.

Aber ein "unschuldiger Bürger" sollte nicht zu solchen Maßnahmen greifen müssen.

Übrigens muß die Diskussion vor dem Erlaß eines entsprechenden Gesetzes erfolgen, danach ist es zu spät.

Webmaster
20-02-2007, 13:16
ich halte das mögliche gesetz eh für unfug, weil die, die etwas zu verbergen haben, sicher nicht so einfach, wie der normale bürger, mit seinen daten umgehen wird :scratch:

es wird wie beim killerspiel verbot aktionismus und sicherheit suggeriert!

C-F
20-02-2007, 13:32
:rofl:
Die Regierung?...:lol:

Auf gutem 'militaerischen Altdeutsch' nannte man sowas 'Ablenkungsmanoever'....

Flo
20-02-2007, 14:27
@C-F
Du lachst über die deutsche Regierung? :wink:


Dann sag ich jetzt mal besser nix zu deinem Wohnort... :biggrin: :lol:

C-F
20-02-2007, 19:20
:confused: @ flo - ueber webmasters commentar/erklaerung...habe ich gelacht :wink:

Ueber 'Regierung' kann/sollte man nicht lachen, egal welcher 'Nationalitaet' :nono: - insbesondere dann nicht wenn nach was?, 2000,3000 Jahren, immer noch nicht der Unterschied zwischen 'regieren' und 'kontrollieren' auf breiter Basis der Bevoelkerung verstanden wird/werden soll...:wink:

Freiheit,Demokratie,Eigenverantwortung,Pflichten und Rechte,soziales Nebeneinander sind halt recht 'widerstaendige Biester', die nichts freiwillig von ihren geistigen Inhalten aufgeben sondern vielmehr verlangen taeglich, auf individueller Basis neu versorgt zu werden - vernachlaessigt man sie, werden sie 'motzig'(SP?)...:wink:

CG407
21-02-2007, 18:10
bei mit beißen die auf GRANIT ich hab nen proxy mit linux das heißt mien rechner geht über den anderen ins I-Net und der spamfilter auf dem proxy läst verseuchte mails nicht durch :go:

catt
06-04-2007, 22:11
Nachricht vom 05. April 2007:

Berlin (dpa) - Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält an seinem Plan fest, Fahndern des Bundeskriminalamtes den heimlichen Zugriff auf Computer zu ermöglichen. Möglicherweise sei eine Ergänzung des Grundgesetzes notwendig, «um diesen Eingriff auf eine verfassungsrechtlich sichere Grundlage zu stellen».

Das sagte Schäuble dem «Handelsblatt» (Donnerstag). Über die rechtlichen Grenzen habe er bereits mit Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) gesprochen. Schäuble verwies auf die Grundgesetzänderung bei der akustischen Wohnraumüberwachung: «Da wurde auch schon mal Artikel 13 ergänzt.»

Schäuble forderte zudem, Fingerabdrücke nicht nur im Reisepass zu speichern, sondern auch bei den Passämtern zu hinterlegen. Befürchtungen, die Daten könnten unkontrolliert von Sicherheitsbehörden abgerufen werden, seien unbegründet.

Die Grünen kritisierten weiterhin massiv Schäubles Pläne für schärfere Sicherheitsgesetze. Der Innenminister will auch Daten der Lkw-Maut für Fahndungszwecke nutzen sowie Rasterfahndungen einsetzen. Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele hielt Schäuble in der «Netzeitung» vor, «einen erheblichen Schritt hin zum Kontrollstaat» zu machen. Die Rasterfahndung tauge nicht zur Terrorbekämpfung. Die Ergebnisse der Datenprüfung nach den Anschlägen vom 11. September 2001 seien «Null» gewesen. Die von Schäuble geplanten heimlichen Online-Durchsuchungen von Computern nannte Ströbele ein unnötiges Übel. Ein «unvertretbarer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von Millionen Bundesbürgern» sei der Vorschlag, in Reisepässen gespeicherte Fingerabdrücke bei den Meldeämtern zu sammeln.

Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Jerzy Montag, sagte der in Erfurt erscheinenden «Thüringer Allgemeine» (Donnerstag): «Nicht alles, was technisch möglich ist, darf getan werden - sonst sind wir nicht besser als jene, die wir bekämpfen.»

Die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, warf Schäuble in der «Netzeitung» (Donnerstag) vor, die «unsägliche Sicherheitspolitik» seines Vorgängers Otto Schily (SPD) fortzusetzen. Der Minister betreibe Aktionismus pur, kritisierte die ehemalige Bundesjustizministerin: «Damit hat er uns ein fauliges, stinkiges Osterei ins Nest gelegt.»