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View Full Version : Anno 1701 Entwicklungskosten


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annoist
25-03-2007, 16:13
cool bleiben... :lol: Wozu hat man diese Plauderecke??? :go:

zazie
26-03-2007, 15:30
Ich bilde mir nicht ein, hier definitive Klarheit schaffen zu können, aber ich kenne die Usanzen der Musikbranche als Insider:
Grob vereinfacht (es gibt Dutzende von Vertragsmustern) gibt es zwei Arten von Verträgen:
A) Der Künstler bzw. eine Agentur, ein Manager oder wer auch immer schliesst einen VERTRIEBSVERTRAG mit einem ... logo, Vertriebspartner. Weil in diesem Muster das grösste Risiko, nämlich die Produktion des Tonträgers samt Abgeltung de Produzenten, der Songschreiber etc. bereits abgegolten ist, kann der Künstler einen (aus seiner Sicht) recht günstigen Vertrag herausholen und beispielsweise bis zu 60 % der sogenannten "Royalties" für sich herausholen. Die Royalties sind die Urhebergebühren (im weiteren Sinne), die an die Rechteinhaber fallen (Komponisten, Textautoren etc.)**.
Das heisst, dass der Vertrieb SEINE Aufwendungen (beispielsweise CD-Pressungen, Werbemassnahmen, Video etc.) aus den restlichen 40+-Prozenten bestreitet.
Bei der Abrechnung gibt's wiederum zwei Muster: entweder partizipiert a) der Künstler von Anfang an (also vom ersten Euro Verkaufserlös), oder zuerst werden b) sämtliche Aufwendungen des Vertriebspartners bezahlt. Der Künstler partizipiert vom Moment an, ab dem die Kosten des Vertriebspartner bereits abbezahlt sind.

Als Faustregel gilt, dass ein Modell a) mit Abzügen an den Royalties erkauft werden muss (der Anteil des Künstlers beträgt beispielsweise 40%).

Dieses erste, genannte Beispiel kommt in der Praxis praktisch ausschliesslich für bereits arrivierte Künstler in Frage. Vorallem für Newcomer geht's nach folgendem Muster (ich wiederhole: stark vereinfacht):
B) Der Vertrieb und/oder ein Management und/oder eine Agentur (häufig unter einem Dach, entspricht der "Plattenfirma") schliessen mit den Künstlern einen PRODUKTIONSVERTRAG ab. Das heisst: die Plattenfirma finanziert die ganze Produktion (Studio, Produzent, Autoren, CD-Herstellung usw.) und den ganzen Vertrieb (Werbemassnahmen, Video, Verteilung etc.). Die Künstler erhalten für ihre Leistungen eine Pauschale von beispielsweise 3 - 4 % (da fehlt gewissermassen eine Null, kein Tippfehler !). Für diese wenigen Prozente überlassen sie dem Vertragspartner sämtliche Rechte.
Die Künstler erhalten also Geld, häufig sogar als Vorschuss, haben aber keine Ahnung mehr (und keine Kontrolle), was für ihr Produkt an Werbung investiert und wie viel damit verdient wird. Die Royalties von 3 - 4 % werden lediglich pro verkaufter CD ausbezahlt. (Die Industrie ist notabene sehr kreativ, wenn es darum geht, weitere Kosten davon abzuziehen, beispielsweise Gratisexemplare für Radiostationen und DJs).

Das Business "Computer Games" läuft nicht völlig anders, es gibt viele Beispiele, wo ein Entwicklungsstudio mit einem Vertrieb einen Vertrag eingeht. Diese Verträge unterliegen im Grundsatz den gleichen Gesetzen (seien es legale oder branchenübliche) wie die CDs.
Über die Royalties in diesen Fällen kann ich mich nicht äussern, weil ich die Verträge nicht kenne. Wenn aber weiter oben von einem Erlös (=Royalties pro verkaufter Anno 1701-DVD) von 20 Euro spekuliert wird, wäre das in jedem Fall ein sehr hoher Wert für Royalties.

Ich denke, der Post ist lang genug. Ich überlasse es deshalb euch, die umgekehrte Rechnung anzustellen und zu berechnen, wieviele DVDs von Anno 1701 verkauft werden müssten, um im einen oder andern Fall schon nur die genannten Entwicklungskosten von rund 10 Mio Euro wieder einzuspielen ;)

**Hier ist besonders zu beachten, dass diese Royalties vom NETTO-Betrag berechnet werden, den der Vertriebspartner im Verkehr mit den Endverkäufern erzielt.
Ein (vereinfachtes) Rechenbeispiel:
Angenommener Endverkaufpreis Einzelhandel: 50 Euro
Abgeleiteter Nettoverkaufspreis Vertrieb: 35 Euro (=> 30 % für Einzelhandel).
Davon 60 % Royalties: 21 Euro ODER
4 % Royalties: 1 Euro 40
Wenn der Endverkäufer gross genug ist, um Sonderkonditionen durchzudrücken (beispielsweise MediaMarkt), reduziert sich natürlich der Nettoverkaufspreis und damit auch die Erlöse der Künstler bzw. Entwickler.

Lars 200
26-03-2007, 19:06
man lese in einschlägigen magazinen (sogar in wirtschaftsmagazinen) darüber:rofl:

Kann trotzdem nicht sein, da Anno erst ab 26. Oktober verkauft wurde und das in 15 Tagen 400 000 Spiele verkauft wurden, das ist mir neu!

Aber nun zurück zum Thema:

Wenn man alles mal ungenau überschlägt, hat Sunflowers schon etwas Gewinn gemacht. Und außerdem waren es bisher 400 000 verkaufte Exemplare nur in Dutschland oder irre ich mich da?

Sir_Xplode
26-03-2007, 20:55
Was interessiert euch Probleme anderer Leute (oder Firmen)?

1. Sind wir ja nicht egoistisch.
2. Würde man ja schon gerne wissen, wie es um seine "Liebsten" steht.
3. Wer nicht fragt bleibt dumm! :biggrin:

RoadRunner
26-03-2007, 21:51
Wir wissen z.B. nicht, mit welchem Wert die Anno-Idee selbst und die Vorgängerspiele in die Berechnung eingeflossen ist. Daß der Markenwert von Anno ganz außen vor geblieben ist, glaube ich nämlich nicht.

Ich habe beruflich einiges mit Zahlen zu tun, und ich muß sagen, daß ich nur den Zahlen traue, die ich selber zusammengetragen habe. Da weiß ich wenigstens ganz exakt, wie ungenau die sind und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit ein zweiter auf dieselben Werte kommt... :wink: Mit etwas gutem Willen bekommt man fast jede gewünschte Zahl hin. 10 Mio. klingt toll, die hätte ich auch genommen. Na ja, 10,5 wären besser gewesen (Nachkommastellen gaukeln Exaktheit vor)... :biggrin:

Mit anderen Worten: wir können hier diskutieren, bis wir schwarz werden. Der verantwortliche Controller bei SF ist wohl der einzige, der so ungefähr weiß, wie die 10 Mio. zusammenkamen und wie sie gedeckt sind - und wir sind wohl so ziemlich die letzten, denen er das verraten würde. :biggrin:

Daß ein Unternehmen wie SF, das ja schon einige Spiele auf den Markt gebracht hat, unseriös kalkuliert hat, glaube ich nicht. Sicher ist immer etwas Wagnis dabei, aber ganz sicher kein unkalkulierbares.