Talarurus
28-10-2006, 23:51
Die Jagd
Kalter Wind jagte durchs Land. Slim, Robo, Cole, Tala und Parker waren auf der Jagd. Slim, Robo und Tala, alle drei Wüstenreiter zogen vor einigen Jahren als Jäger hier her in die Eiswüste, denn sie hatten als Nomaden schon viel Jagd-Erfahrung und in dieser einsamen Gegend war Fleisch eine teure Ware. Cole und Parker dagegen waren Nordmänner, stolze Menschen, die vor Jahren mit ihren drei Gefährten schon lange Tiere aufstöberten.Mit ihnen gingen ein großes Mammut und drei Smilodons. Schon seit einigen Tagen waren sie auf der Fährte eines Megaloceren-Rudels und nun schienen sie ihrem Ziel immer näher zu kommen. Die Spuren sah man nun deutlicher, was hieß, dass sie dem Schnee nicht sehr lange ausgesetzt waren. Dann hörten sie es: Ein Röhren! Voller Freude liefen sie weiter in Richtung der Herde. Die Smilodons tapsten leise um die Herde herum, um sie den Jägern entgegenzutreiben und das Mammut wurde, um besser kämpfen zu können, vorerst entladen. Megaloceren konnten einem Menschen mit ihrem Geweih die Knochen brechen, deshalb war auch bei diesen Pflanzenfressern Vorsicht geboten. Auf ein Handzeichen rannten die Smilodons aus der Deckung auf die Riesenhirsche los, die sofort die Flucht ergriffen. Hinter einem Schneehügel machten sich die Jäger bereit und dann ging es los: Tala warf seinen Speer auf ein Megaloceros, es rannte noch kurz weiter, doch blieb dann blutend liegen. Zwei große Bullen drehten sich um und drohten mit mit ihren mächtigen Geweihen, das Mammut jedoch schlug sie mit seinen gewaltigen Zähnen in den Schnee. Am folgenden Abend aßen sie nun Megaloceros-Braten, die Smilodons bekamen auch ihren Teil der beute und dem Mammut gaben sie Graß zu fressen. Die anderen beiden Hirsche konnten sie auf dem nächtsen Markt verkaufen.
Der Schneesturm
Am nächsten Morgen würden sie dann wieder ins Dorf zurückreisen.
Doch wider erwarten tobte am schon am darauffolgenden Sonnenaufgang ein verherrender Schneesturm. Ein Smilodon war schon erfroren und lag steif im Schnee.
"Wir müssen hier weg", schrie Slim durch den Wind hindurch. Er zündete eine Fackel an, damit Cole, Parker, Tala und Robo wussten, wo er war. Wenige Minuten später waren sie bei ihm.
"Das Mammut ist durchgedreht und hat die Flucht ergriffen", meinte Tala.
"Verdammt, wir sollten hier wirklich verschwinden. Wir müssen die Megaloceros zurücklassen, sonst schaffen wir es nicht!" So zogen die fünf los. Sie banden sich ein Seil um die Hüften, damit sie sich nicht verlieren würden. Der Sturm tobte um sie herum. Ein Baum wurde neben ihnen entwurzelt und fiel quälend langsam um. Plötzlich verlor Robo, der die Führung übernommen hatte den Halt. Slim folgte ihm und Tala, Cole und Parker konnten das Gewicht der beiden nicht halten und wurde auch mitgerissen. Die fünf hatten einen Hang übersehen und rutschten ihn herunter. Sie schlugen hart auf festem Schnee auf. Langsam versuchten sie sich wieder aufzurichten. Stöhnend erhoben sie sich von dem brettharten Schnee, der sie abgefangen hatte und sahen um sich. Der Sturm war inzwischen so stark geworden, dass man die Hand vor Augen nicht sah. "Was jetzt? Wo sollen wir lang?" fragte Tala. Er musste schreien, um das Getöse des Windes zu übertönen. Slim sah sich um. Nirgends war ein Pfad, dem sie folgen konnten. Nirgends das Licht eines Dorfes oder etwas anderes, was ihnen den Weg weisen konnte. Erfürchtig sahen sie den Hang hinauf, welcher zu steil war, um ihn zu erklimmen. Sie waren verloren...
Langsam kämpften sich die Jäger durch den kniehohen Schnee. Eisigkalter Wind umwehte sie und ließ ihre Muskeln starrfrieren; sie spürten ihre Finger nichtmehr und hatten Mühe, sich aufrecht zu halten. Von ihren Tieren, dem Mammut und den zwei übrigen Smilodons, ihren treuen Jagdgefährten, war kein Lebenszeichen. Warscheinlich waren sie in der Kälte umgekommen. Und genauso würden die Jäger sicher auch umkommen. Die Eiswüste erstreckte sich meilenweit, sie hatten keine Chance. Doch da sahen sie plötzlich ein entferntes Leuchten. War es Einbildung? Eine Fata Morgana? Nein! Einige 100 m vor ihnen war ein Leuchten auszumachen! "Was ist das da vorn?" fragte Slim. "Keine Ahnung. Aber vielleicht unsere Rettung!" antwortete Robo.
Die drei rannten so schnell sie konnten. Doch es war nur eine Fackel. Slim trat sie vor Wut um. Die Flamme schmolz den Schnee bevor sie erlosch. Dann erblickte Tala ein zweites leuchten. Es war eine weitere Fackel. Von dieser aus sahen sie eine weitere. Und noch eine und noch eine. Nach etwa einer Viertelstunde standen sie vor einer Höhle. Dutzende Fackeln erleuchteten sie.
"Die scheint tief in die Erde zu führen", meinte Robo.
"Aber da drin ist es bestimmt warm", erwiderte Tala. Das war ein gutes Argument.
So gingen sie in die Höhle. Doch plötzlich höhrten sie eine tiefe Stimme:
"Harharhar, der Überfall hat sich gelohnt. 20 Rhinopelze, die wir teuer verkaufen können. Harharhar."
Schnell gingen die Jäger hinter einen Fels und lauschten den Banditen. ,, Ja, die Händler waren echt leichte Beute''. ,, Wir verkaufen die Felle am Besten gleich morgen in dem nah gelegenen Dorf''. Tala flüssterte zu Cole ,, Meinen die unser Dorf ?''. Cole antwortete ,,Weiß nicht aber wir sollten die Gauner für ihre Tat köpfen!''. Cole war bereit aus dem Versteck zu springen und die Banditen zu überraschen.
Cole machte sich bereit, doch dann hielt Tala ihn an der Schulter zurück, schüttelte den Kopf und deutete in die Richtung der Banditen. Sie hatten starke Waffen dabei. Zwar waren die Waffen der Jäger bestimmt stärker, aber selbst kleine Kampfwunden konnten in dieser Gegend tödlich sein. "Wir bleiben besser erstmal unentdeckt." flüsterte Tala. Slim wollte sich hinknien, als er auf einen gefrorenen Ast trat und ein lautes Knacken durch die Höhle hallte. "Was war das?" fragte einer der Männer. Die drei Banditen schauten sich um, einer nahm eine Fackel und gab den Befehl die Höhle zu durchsuchen. Einer der Banditen sagte aber ,,Das war wahrscheinlich bloß ein Schneehase oder so''. ,,Keine Widerrede, wir müssen ganz sicher sein!''. Die Jäger duckten sich. Einer der Banditen kam näher. Langsam spähte er um die Ecke. Cole und die Anderen rückten enger zusammen. Er kam näher..."AHHH!" hallte sein Schrei durch die Höhle; Cole hatte ihm seine Axt in den Bauch geschlagen. Der zweite Bandit kam hinzu. Robo und Tala rammten ihm ihre Waffen in die Brust und überwältigten noch einen Dritten, als Cole plötzlich rief: " Da! Da hinten!" Sie sahen in die gezeigte Richtung. Ein Vierter Bandit war nach draußen geflohen. "Den schnapp ich mir!" rief Robo und nahm die Verfolgung auf.
Der Bandit rannte langsam durch den tiefen Schnee, der Schneesturm war noch schlimmer geworden, Robo hatte Probleme gegen den Wind anzukommen. Der Bandit drehte sich kurz um und wurde im nächsten Augenlick von einem Smilodon angefallen. Robo hörte einen Schrei, er versuchte die Situation zu erkennen, konnte aber nur eine vierbeinige Gestalt erkennen die an etwas fraß. Der Smilodon blickte auf, seine Zähne waren an der Spitze mit Blut gefärbt. Er hatte Robo gemerkt und richtete sich auf.
Jetzt erkannte Robo was das für eine Gestalt war. So schnell er konnte rannte er zurück zur Höhle. Der Smilodon verfolgte Robo, und er kam rasend schnell näher. Robo stolperte über einen Stein und fiel unsanft in den Schnee. Die Höhle war noch 20 Meter entfernt. Robo versuchte sich aufzurichten, als er merkte wie ein Schatten auf ihn sprang. Blitzartig drehte er sich im Schnee und hob seinen Speer gegen den Smilodon. Robo drückte mit aller Kraft das Tier von sich, dann ganz plötzlich sackte das Tier leblos zusammen. Slim hatte mit seinem Schwert das Tier von der Seite erstochen. Cole, Tala, Parker und Slim trugen Robo in die Höhle, wo ein kleines Feuer brannte.,,Ich würde sagen das wir jetzt erstmal schlafen bis er Sturm vorrüber ist'' schlug Tala vor. Cole erwiderte ,, Wir sollten eine Nachtwache aufstellen, bevor noch mehr Banditen und andere Viecher in die Höhle kommen. Ich mach auch den Anfang''. Damit waren alle einverstanden. Aber die Nacht blieb ruhig und der Schneesturm legte sich teilweise. Sie waren müde und erschöpft, doch nun hatten sie wieder Hoffnung. Sie orientierten sich am Sonnenstand und wanderten in Richtung ihres Dorfes. Einige Einwohner kamen angerannt und luden sie in ihre Hütte zum Essen ein. In dieser lebensfeinliche Gegend half sich jeder gegenseitig und nach dem Schneesturm erwartete man sie nicht mehr lebend zurück. Die Gastgeber hießen Krunn und Ilmna, sie verdienten ihr Geld durch Pelzhandel und kannten die Jäger, von ihren Geschäften gut. Sie baten ihnen freundlich Suppe an und freuten sich, dass die Jäger überlebt hatten. Krunn sagte:"Wie schön, euch wieder zusehen, der Schneesturm hat das halbe Dorf eingeschneit und wir haben uns schon Sorgen um euch gemacht." Cole antwortete betrübt: "Ja, wir haben es geschafft, aber die Beute und unsere teuren Jagdtiere sind weg". "Das tut mir sehr, sehr leid für euch, in dieser Gegend gibt es wenige zahme Jagdtiere, aber damit muss man leben, auch wenn es hart ist. Ihr wisst ja, dass ihr euch auf uns verlassen könnt, wenn ihr etwas braucht". Slim bedankte sich:"Ja, wir werden ja sehen, ob wir auf dem Markt von Zureth einen Smilodon bekommen, aber für mehr reicht es zur Zeit wohl nicht, die Tiere sind wieder nach Norden gewandert, wie jedes Jahr laufen die Geschäfte jetzt schlechter, aber ihr kennt es ja."
In Zureth
Später betraten sie ihre Hütte. Dort bewarten sie alles auf, von Waffen über Kräuter und Nahrung bis zu den Geschirren für die Tiere und ihr Geld. Einige hundert Goldstücke hatten sich dort schon wieder angesammelt, doch zahme Jagdtiere konnten hier ein Vermögen kosten und ein Mammut konnten sich nur wenige leisten. Sie packten ihre Sachen und morgen würde es nach Zureth gehen. Dort könnten sie auch einige ihrer Schnitzereien verkaufen und sie gegen Zucker oder Fisch eintauschen. Nach Sonnenaufgang hatten die Jäger bereits das Dorf verlassen und waren auf dem Weg nach Zureth. Der Markt war etwa 10-15 Meilen entfernt, ein langer und ungemütlicher Weg lag vor ihnen. Zwar hatte sich der Sturm gelegt, jedoch war die Kälte unerträglich. Von ihren Gastgebern hatten sie einige Tierpelze bekommen, die sie schützten. Es vergingen mehrere Stunden, ehe sie Zureth erreicht hatten. Ein riesiger, belebter Markt mitten in der Eiswüste. Lichter brannten in den Zelten, überall standen Käfige und Menschen drängten sich in den Gassen. "Hier ist ja echt was los" bemerkte Cole, als er von einem kräftigen, bärtigen Mann angerempelt wurde. "Pass doch auf!" brüllte der Mann. Cole wollte seine Axt zücken, doch Tala hielt ihn zurück."Nicht auffallen" sagte er und sie gingen weiter. Cole warf ihm einen bösen Blick zu, spuckte auf den Boden und wollte ebenfalls weitergehen, als er im Zelt neben sich einen Käfig entdeckte, der ein seltsames Wesen enthielt. Langsam ging er darauf zu. Es war ein kleines Tier, doch Cole, der in der Eiswüste geboren wurde, hatte soetwas noch niemals zuvor gesehen. Es war klein, schlank und grün, der Rücken blau gestreift und es besaß einen langen Hals, den es hochreckte, um Cole besser zu sehen. Seine kleinen Vorderläufe zuckten und der Schwanz fuhr durch die Luft. Ein leises, fast klägliches Zischen fuhr aus seiner Kehle. Cole streckte die Hand aus, als jemand seinen Arm griff. "Nicht anfassen, der Raptor beißt!" sagte eine blonde, junge Frau zu ihm. "Was?" fragte Cole etwas überrascht. "Der Raptor, er ist bissig." wiederholte sie. Cole kratzte sich nachdenklich am Kopf. Raptor? Was war das, ein Raptor? Dieses Tier hatte Cole noch nie gesehen, geschweige denn mit einem Namen in Verbindung gebracht. "Das ist ein Dinosaurier." erwiderte die Frau und warf Cole einen Blick zu, als ob sie ihn für dumm hielt. "Ich...ich weiss was ein Dinosaurier ist!", log Cole, denn eigentlich hatte er sein Leben lang nur Säugetiere gekannt. Smilodons, Mammuts, Megaloceros, Wollnashörner...was anderes als Säugetiere gab es in der Eiswüste nicht. "Nun, bist du hier um was zu kaufen?" fragte sie. "Ähm...kaufen? Was, den Raptor? Was soll ich damit, ich brauch was größeres. Was, mit dem man jagen kann. Am besten einen Smilodon." antwortete Cole. "Smilodon? Tut mir Leid, da bist du an der falschen Adresse. Bitte mach die Tür von außen zu!", die Antwort der Frau erfolgte promt; sie stieß Cole hinaus und zog den Vorhang zu. Cole wunderte sich über die leichte Unfreundlichkeit der Menschen hier. Am liebsten wäre er wieder hinein geplatzt, doch nun musste er seine Kameraden finden, die er in dem munteren Treiben verloren hatte. Das war im Moment wichtiger.
Robo, Slim, Parker und Tala hatten inzwischen ganz andere Probleme. Sie versuchten einem rauhen Nordvolkkrieger seine Tiere abzukaufen. In dem Gehege hinter seinem Zelt hielt er 7 gezähmte Smilodons und 5 Eusmilus, perfekt abgerichtete Jagdtiere. Jeder der Jäger hatte 20 Goldstücke von der letzten geglückten Jagd dabei, das machte insgesamt 100. Genug, um die Smilodons zu kaufen. Jedenfalls war das früher so, inzwischen war der Preis für die Tiere drastisch in die Höhe geschossen, da es immer weniger freilebende gab. "Du willst meine Smilodons kaufen, Kleiner? Dann musst du mehr aufn Tisch legen als 20 Goldstücke!" raunte der Krieger Parker an. "Wir haben weit mehr als 20 Goldstücke. Nennt uns den Preis und wir bezahlen!" Der Mann überlegte eine ganze Weile. Schließlich kam seine Antwort: "200." "Für alle?" fragte Robo. "Nein, für jeden!" Die Jäger starrten sich planlos an. "Für jeden 200? Das haben wir früher fürn Mammut bezahlt!" bemerkte Slim, als der Mann ihn am Kragen packte und zu sich ranzog. "Pass auf Junge: Jedes dieser Tiere ist mindestens 400 wert, wenn nicht sogar 500! Weißt du wie schwer es ist da ran zu kommen? Die Tiere sind weitergezogen, kaum einer hat mehr welche. Entweder bezahlst du oder du gehst ohne sie nach Haus!", brüllte er ihn an, dann warf er ihn in den Schnee. Tala half ihm hoch. "Also?" die Stimme des Kriegers hob sich. Wieder sahen sich die Jäger an, dann sagte Parker:" Wir finden woanders Tiere. Lasst uns gehn." Sein Blick glich einem wütenden Wollnashorn, doch wie schon gesagt, sie durften nicht auffallen. "****nsohn..." zischte Slim und klopfte sich den Schnee ab. Sie gingen den Weg zurück durch die Gassen und trafen auf Cole. "Wo bist du gewesen?" fragte Parker. "Hatte Streit mit ner Frau!" lachte er. "Die verkauft so komische kleine Viecher mit denen man nichts anfangen kann. Dinosaurier hießen die oder so..." Robo starrte ihn an. "Was is?" fragte Cole. "Dinosaurier? Sie hat Dinosaurier verkauft? Zeig mir wo sie ist!" Cole führte seine Kameraden zu der Frau mit dem Raptor, nach 5 Minuten standen die 5 vor dem Gehege des Tieres. Erstaunt sagte Slim ,,Das ist ein Velociraptor!''. ,,Ein was?'' fragte Cole nachdenklich. Da kam die Frau aus dem Zelt und sah sofort Cole. ,, Du schon wieder! Mach das du weg kommst!'' schnautzte die Frau. Tala wand ein: ,,Bleibt ruhig, wir wollen euren Raptor kaufen, wie viel kostet er?''. Die Frau wandte sich mit bösem Blick von Cole weg und sagte ,,100 Goldstücke.'' ,, Ok, wir kaufen ihn.'' sagte Tala. Cole blickte Tala böse an ,,100 Goldstücke für das, das mickrige Vieh!?''. ,,Ja'' antwortete Tala. Er überreichte der Händlerin die 100 Goldmünzen und Robo nahm vorsichtich den Raptor aus seinem Käfig. Der Raptor war sehr zarm, aber trotzdem noch wild genug. Robo führte ihn an einer Leine durch die Gassen und auch Cole verlor seine Skepsis, als er sah, wie das Tier auf unvorsichtige Leute mit geschickten Ausweichmanövern reagierte. Slim sagte:"Wisst ihr, die Preise hier sind gestiegen, wie jedes Jahr, aber diesmal sehr hoch. Das liegt nicht nur daran, dass die Tiere davon ziehen. Das tun sie jedes Jahr und kommen wieder, deshalb haben sich die Einwohner angepasst. Jetzt allerdings wird es härter, denn die Barbaren überfallen die Händler und die Piraten entern die Handelsschiffe. Wir sollten etwas unternehmen." Parker antwortete:"Ja, aber wir sind zu fünft, was sollen wir gegen die Barbaren und Piraten ausrichten?" Robo erwiderte:"Die Bewohner hassen sie, so wie wir. Wir sollten sie um Hilfe bitten. Erst die Barbaren, dann werden sie uns vertrauen und wir können uns an die Piraten wagen.
Zu Gast bei Keira
"Parker, Slim, Robo, Cole und Tala blieben die Nacht über in Zureth. Sie fanden Unterkunft bei einer freundlichen Frau, die auf ihrem Stand Fleisch und Fisch verkaufte und sich anbot, die fünf eine Nacht lang bei sich aufzunehmen. Wie viele andere wohnte sie in ihrem Zelt auf dem Markt, welches nicht größer als eine normale Hütte der Nordmänner war. Dennoch bot es Platz für alle. Im Inneren war es warm und geschützt, die kalte Luft kam kaum durch die Nähte, an denen das Zelt zusammengeflickt war. "Ich bin nicht gemacht um in so einer Kälte zu leben..." beschwerte sich Robo, als er draußen den Wind toben sah. "Das kann ich gut verstehen." sagte die Frau und lächelte. Im Gegensatz zu den Anderen Marktbewohnern war sie sehr gastfreundlich. "Ich bin auch ein Wüstenreiter." Robo, Slim und Tala sahen sie erstaunt an. "Woher wisst ihr dass ich ein Wüstenreiter bin?" fragte Robo. Sie setzte sich neben die drei auf ein Mammutfell am Boden. "Hab euren Velociraptor gesehen, so einen haben meist Wüstenreiter bei sich." Tala nickte bestätigend, aber trotzdem waren sie etwas verwundert. Cole und Parker sahen sich inzwischen in dem kleinen Hinterzimmer um, welches an das Zelt anschloss. Es war behängt mit vielen schillernd bunten Tierhäuten, welche die beiden Nordmänner noch nie gesehen hatten. Cole berührte eine grün gesprenkelte Haut und fuhr mit dem Finger an ihr entlang. Sie war...schuppig! "Seltsam..." dachte er und sah sich die anderen Häute an, welche in allen erdenklichen Farben erstrahlten. Auch Parker war beeindruckt. Interessiert befühlte er eine gepanzerte, mit Stacheln besetzte Rückenhaut und ließ gar nicht mehr von ihr ab. Cole sah in der Ecke unterdessen eine Bewegung. "Hast du das gesehen?" fragte er Parker, der jedoch so mit dem Panzer beschäftigt war, dass ihn alles um ihn herum kalt ließ. Cole sah selbst nach. Er schaute hinter die Ecke und wurde plötzlich von einem fauchenden Etwas begrüßt. Ein aufrecht gehendes, gelb-oranges Tier sogroß wie Cole selbst mit zwei Kämmen auf dem Kopf sprang hervor und knurrte ihn an. Drohend spreizte es seinen schillernden Halskragen und zischte furchterregend. "Hilfe! Monster!" brüllte Cole, woraufhin Parker seinen Jagdspeer zog und das Tier auf Distanz hielt. Es versuchte die beiden zu erreichen, doch schaffte es nicht den Speer zu umgehen und stand frustriert vor ihnen. Parker atmete auf, als das Tier plötzlich seinen Kopf zurückwarf und ihn anspuckte. Ein grüner, zäher Schleim klatschte auf seine Kleidung. "IHHHHH!!!" schrie er, woraufhin Robo, Slim, Tala und die Frau zu ihm eilten. Die Frau musste lachen, als sie den Raum betrat und sah, wie Parker mit dem Speer fuchtelte und Cole sich an die Wand zwängte. "Chico, aus!" rief sie, und plötzlich drehte das Tier den Kopf, hüpfte herum und lief auf sie zu. Sie tätschelte ihm den Kamm. Langsam kamen Parker und Cole wieder aus ihren Verstecken. "Was...was ist das?" fragte Parker vorsichtig. "Mein Dilophosaurus. Er wollte mit euch spielen." grinste die Frau. "Spielen!? Das Vieh hat mich angespuckt!" entgegnete er. "Ach, das ist nicht schlimm solang du es nicht in die Augen kriegst. Warte, ich hol Seife, dann kannst dus abspülen." Der Dilophosaurus lief fröhlich fiepend hinter seiner Herrin her, die Parker eine Wasserschüssel und ein weißes Stück Seife brachte, mit der er seine Rhinoweste reinigte und schließlich über einem Feuer draußen trocknen ließ. "Ich war in meiner alten Heimat eine Späherin, der Dilophosaurus ist daher mein Lieblingstier." sagte sie, als alle in dem Raum mit den Tierhäuten saßen. "Diese Häute sind Trophäen von Tieren, die wir auf unseren Jagden erlegt haben." Parker und Cole schienen nicht ein Wort zu verstehen. Sie hatten zwar vom Stamm der Wüstenreiter gehört, mit den Sitten und Gebräuchen dort waren sie jedoch nicht vertraut. Genauso wenig wussten sie über die Heimat des Volkes. Robo, Slim und Tala hatten zwar erzählt, sie kämen aus dem Süden, jedoch hatten sie nie ein Wort über das Leben in ihrem Volk verloren. Sie erzählten nichts von den Dinosauriern mit denen sie ihr Land teilten, den staubigen Savannen und Prärien auf denen sie lebten oder der Tatsache, dass sie Nomaden waren und immer weiterzogen, wenn die Rohstoffe erschöpft waren. Warscheinlich aus Angst vor dem, was Parker und Cole dazu sagen würden. Sie als Nordmänner konnten sicher nicht verstehen, wie man seine Heimat einfach so immer wieder zurücklassen oder mit den Dinosauriern Seite an Seite leben könne. Die Wüstenreiter nämlich waren das wohl einzige Volk, dass mit gefährlichen Fleischfressern über Recht auf Land verhandelte. Einem Nordvolkkrieger wäre dies nie in den Sinn gekommen; er vernichtete jeden Fleischfresser in der Nähe seines Dorfes. Auch war es für einen gesunden Nordmann unvorstellbar, sein Heimatdorf zu verlassen. Und zahme Tiere wurden eingesperrt. Bei den Wüstenreitern waren die gezähmten Wildtiere frei. Sie konnten gehen wohin sie wollten, kehrten aber stets zu ihren Herren zurück. Diese große Freiheit ermöglichte es dem Volk, Raubdinosaurier wie Allosaurier abzurichten, vor denen selbst die mächtigsten Krieger erschauderten. Die Stimme der Frau lies sie aus ihren Gedanken aufschrecken. "Was verschlägt euch eigentlich hierher?", fragte sie und Cole antwortete:"Eigentlich wollten wir uns neue Smilodons kaufen", nachdem er wieder mir schiefem Blick auf den knochigen Raptoren gesehen hatte sprach er weiter:"Aber jetzt wollten wir noch zum Stadtrat. Die Barbaren richten überall Verwüstung an und wir wollen uns wehren, aber alleine geht das nicht." Mit abfälligem Ton prustete die Frau:"Ihr wollt zum Stadtrat? Zum Stadtrat? Die versprechen schon seit vier Jahren, etwas zu unternehemen, aber geändert hat sich nichts. Die Armeen sind sich dafür wohl zu schade und die Bevölkerung traut sich doch nicht."
Mit schwerer Stimme fragte Robo:"Und was denkst du sollen wir tun?" "Kämpfen, meine Freunde." "Wir, gegen alle Barbaren?" "Ihr seit Jäger und habt gute Waffen; Ihr müsst nur lernen, sie richtig gegen Fußsoldaten einzusetzten.. Wir müssen den Anführer der Barbaren töten und ich helfe euch." Parker wandte mit erstauntem Ton ein:"Du? Du bist eine Frau!", woraufhin er nur ein gelächeltes "Ja, aber Chico und ich ham schon einiges durchgestanden." zurückbekam.
Sie legten sich schlafen, doch die nächsten Wochen müssten sie trainieren, Verbündete finden und vor allem heil in Richtung Barbarenhauptstadt gelangen.
Am nächsten Morgen ging die Sonne früher auf; in Zureth gab es andere Tageszeiten, der Nacht war kürzer und der Tag länger. Sehr zum bedauern der Jäger, die sowieso nur wenige Stunden Schlaf hatten. Doch es half nichts, sie mussten anfangen zu trainieren, denn nur wenn sie wie Krieger aussahen und auch deren Kamperfahrung hatten, würden sie Verbündete im Kampf gegen die Barbaren gewinnen, die letzte Nacht erneut ein kleines Dorf in der Nähe überfallen hatten. Grund genug, gleich am Morgen mit dem Training zu beginnen. Als Ausbilder hatte sich die Frau, welche Keira hieß, bereit erklärt. Und sie war gnadenlos; als sie in das Zimmer der Jäger trat, begrüßte sie sie erst mal mit einem barschen "Aufstehen ihr Möchtegernkrieger!!!" und drohte dem schwerfälligen Parker sogar damit, ihm einen Eimer Eiswasser überzukippen, wenn er sich nicht sofort dazu entschließe, aufzustehen. Nachdem sie dann doch schließlich alle auf den Beinen waren, begann sogleich ihre Ausbildung im Umgang mit Speeren, Äxten, Schwertern und Pfeil und Bogen. Letzteres sollte sich als größe Hürde erweisen, da die Jäger damit nicht die geringste Erfahrung hatten. Während Slim sich selbst in den Fuß schoss und Cole Parker versehentlich die Bogensehne ins Gesicht schnippen ließ, nahmen Tala und Robo gar nicht an den Pfeilschussübungen teil. Sie verschanzten sich auf die zugefrorene Weide hinter dem Zelt der Frau und trainierten mit ihren Speeren.
"Diese Frau ist eine Zumutung! Was denkt die sich dabei uns herumzukommandieren?!" bemerkte Tala, als er mit Robo Kampfszenen nachstellte. "Sie ist eben ein echter Wüstenreiter!" bemerkte dieser lachend. "Also in dem Dorf wo ich aufgewachsen bin waren die Frauen immer geduldig!"
Robo grinste. "Bist du unter Kriegern aufgewachsen? Ich war in meinem Dorf Krieger, das ist das einzigste, was Männer mit wenig Kampferfahrung machen konnten. Der Rest waren Frauen, und wenn die gebrüllt haben standen die Männer wie Totempfahle!" Tala fuhr mit dem Finger über die Schneide des Speers und sagte: "Jaja, so sind die Weiber. Kriegen immer die besten Berufe, während wir das nehmen müssen was übrig bleibt..." Robo wehrte Talas kommenden Angriff ab und fragte: "Was warst du eigentlich damals in deinem Dorf?" Er griff nochmals an und antwortete zögerlich: "Arbeiter..." Robo sah ihn etwas entgeistert an.
"Wo lernt ein Arbeiter mit nem Speer zu kämpfen?"
"Da, wo ein Krieger lernt mit dem Speer umzugehen." kam Talas Antwort kühl. Nach weiteren Abwehr und Angriffsübungen setzten sie sich auf einen Felsen und machten eine Pause.
Der weiße Hirsch
Vor ihnen lag eine tiefe, steil nach unten abfallende Klippe, von der aus man auf das eisigblaue Meer sehen konnte. Die Sonne spiegelte sich darin und ein wunderschönes, sich ständig veränderndes orangenes Farbmuster zeichnete sich auf den Wellen ab. Robo und Tala sahen eine ganze Weile, still beeindruckt von der Schönheit der verschneiten Landschaft, hinunter in die Tiefe, als Robo eine kleine Insel, nur ein paar Meter von der Küste entfernt, mitten im Meer liegen sah. Eine Weile sagte er nichts, doch dann brannte es ihm zu sehr auf der Zunge. "Tala, was ist das für eine Insel dort unten?" Er deutete mit dem Finger. "Das? Das ist nur die Eisinsel. Hast du sie noch nie gesehen?" Robo verneinte mit einer Kopfbewegung. Tala fing an zu erklären: "Früher, als hier noch jede Menge Tiere lebten, war die Eisinsel ein Weideplatz für die Pflanzenfresser. Damals gab es dort vorn in der Bucht einen Wall aus Lehm, Holz und Steinen, der das Wasser davon abhielt die Häuser an der Küste zu überfluten. In einer Sturmesnacht wurde der Wall fortgerissen und die Insel mit ihren saftigen Weiden überschwemmt. Der Tiere ertranken und das Gras fror fest. Heute dient sie zu nichts mehr. Man kann nur noch die Skelette der toten Tiere darauf sehen. Rhinos, Megaloceros und ein paar Eusmilus." Robo kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Da bemerkte er plötzlich eine Bewegung. "Tala, hast du das gesehen? Da unten auf der Insel hat sich was bewegt!" rief er. Tala sah ihn komisch an. "Bewegt? Da kann sich nichts bewegt haben, dort lebt nichts mehr!" beharrte Tala.
"Doch! Da ist etwas! Sieh doch!" Tala beschattete seine Augen mit der Hand vor der Sonne, und tatsächlich: Auf der Eisinsel bewegte sich etwas! Es war ein Tier, ein Hirsch!
"Sieht aus wie ein Megaloceros..." bemerkte Robo.
"Deine Sinne spielen dir einen Streich, da unten ist nichts!" behauptete Tala eigensinnig.
"Aber schau doch nur! Das ist keine Sinnestäuschung, da geht ein lebendiges Tier! Sieh, jetzt senkt es den Kopf, es frisst das Gras!" sagte Robo und deutete wild mit dem Finger. Tala schüttelte den Kopf. "Du hast die Kälte nicht vertragen, mein Freund. Dort unten ist alles erfroren! Was meinst du, warum sie Eisinsel heißt? Weil sie vereist ist! Da kann nichts wachsen! Außerdem, wie soll ein Megaloceros dort hinaus kommen?" fragte Tala. Robo wusste keine Antwort darauf, doch er wusste wohl, dass dort unten etwas war.
"Tala, siehst du nicht diese hellweise Gestalt da unten? Wie ein Gespenst, sieh genau hin! Jetzt schaut es zu uns hinüber!" sagte er wieder, doch Tala behauptete nur, die Rhinoskelette auf der Insel liegen zusehen. Außerdem seien Megaloceros braun, nicht weiß. In Wirklichkeit aber sah auch er die Gestalt, die dort auf der Insel wandelte, nur glaubte er an eine Luftspiegelung anstatt an ein lebendiges Tier. Robo jedoch war fest davon überzeugt einen Megaloceros zu sehen. Er wollte es wissen, ob seine Augen ihm einen Streich spielten oder nicht. So erhob er sich und lief den schmalen Pfad links von ihm hinunter, der zu der Küste führte.
"Wo willst du hin?" rief ihm Tala hinterher, doch Robo antwortete nicht und lief weiter. So folgte Tala ihm nach einem Augenblick.
Parker, Cole und Slim hatten zur selben Zeit wieder ihr Training aufgenommen. Pfeil und Bogen nun endlich halbwegs beherrschend, setzten sie immer wieder zum Schuss auf eine aus Stroh gefertigte Zielscheibe an. Parker traf bei seinen drei Versuchen jedes Mal ins Schwarze, Cole traf ebenfalls jedesmal und Slim schoss zweimal in die Mitte. Als Keira sie nochmal Pause machen ließ, spielte Slim mit Chico und Cole und Parker putzten ihre Waffen. Die Stimmung lockerte sich wieder, nun konnten sie sich entspannen. Als beide beobachteten, wie Slim mit dem Dilophosaurus herumhüpfte, meinte Cole: "Ich wüsste gern wie Slim, Tala und Robo früher gelebt haben. In ihrem Dorf. Bei denen scheint alles anders zu sein als bei uns. Angeblich seien die Männer in der Armee benachteiligt. Beim Militär gibt es bei denen fast nur Frauen. Ist das zufassen?" Parker schwieg einen Moment, dann sagte er: "Sie sind Wüstenreiter, ein komplett anderes Volk. Man kann nicht erwarten, dass bei ihnen die gleichen Sitten herrschen wie bei uns. In unseren Kreisen gilt es als selbstverständlich, dass man einen festen Wohnsitz hat, bei ihnen ist es keine Seltenheit, wenn Menschen hin und her wandern, immer woanders hin."
"Schon seltsam..." bemerkte Cole und nahm einen großen Schluck Wasser aus seiner Feldflasche, als sie plötzlich Hufgetrappel auf dem Marktweg hörten. Die beiden standen auf, gingen um das Zelt herum und standen nun auf dem gepflasterten Weg, der durch den Zurethmarkt führte. Dort zog ein zerfetzt gekleideter, ärmlich aussehender Nordmann einen zahmen Megaloceros an seinem Zaumzeug hinter sich her. Zum Erstaunen von Parker und Cole war das Tier vollkommen weiß, jedoch auch so dürr, dass man jede einzelne Rippe sehen konnte. Das Geweih war spröde und es lahmte noch dazu. Kein schöner Anblick für die beiden.
"Wo wollt ihr hin mit dem alten Vieh?" rief ihm Cole etwas vorlaut entgegen. Parker stieß ihm vorwurfsvoll in die Rippen. Der Mann drehte sich zu ihnen und kam schließlich näher.
"Wieso alt? Das ist ein blutjunger Bulle, so einen findet ihr nirgendwo in der ganzen Gegend! Er ist eine Seltenheit, ganz in weiß! Ein Tier, dass nur alle 100 Jahre geboren wird. Aber ich kanns nicht behalten, kann es nicht reiten. Bei mir verkommt es, und das wär schade. Also will ich es verkaufen." antwortete er gelassen.
Cole konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Wieder stieß Parker ihn in die Rippen und schüttelte den Kopf.
Dann sah er sich das Megaloceros genauer an. Es war zweifellos unheimlich schön, wenn es nur die richtige Pflege bekäme würde es bald wieder kräftig werden. Es sah Parker fast flehend mit seinen großen, schwarzen, runden Augen an, bis dieser schließlich fragte: "Wieviel? Wieviel soll es kosten?" Cole sah ihn entsetzt an, als er schon wieder einen Stoß in die Rippen versetzt bekam. Der Mann überlegte.
"Nun...100." antwortete er. Parker schaute auf einen von Keiras Verkaufsständen.
"Wie wärs mit Tauschhandel. Ich gebe euch hundert Gramm Mammutfleisch, das ist mehr wert als dieses Tier."
Und damit hatte er nicht mal unrecht; Mammutfleisch kostete pro 100 Gramm 250 Goldstücke, mehr als der Preis für das Tier.
Der Mann warf dem Verkaufsstand einen argwöhnischen Blick zu. Parkers Nerven spannten sich, bis der Mann endlich die erlösenden Worte sprach: "Verkauft! Er gehört dir!" Dann gab er Parker die Zügel und nahm einen Lederbeutel mit exakt abgewogenen 100 Gramm Mammutfleisch, die er warscheinlich gleich um die Ecke für den doppelten Preis verkaufen würde. Cole ging auf Parker zu und sah sich das erworbene Megaloceros an, welches ihn mit leeren, pupillenlosen Augen musterte. "Ich hoffe du weisst, was du tust." sagte er und sah Parker vorwurfsvoll an. Dann führten sie das Megaloceros auf ihren Trainingsplatz hinter dem Zelt. Als Slim das Tier sah, blieb er mit offenem Mund stehen. Der Dilophosaurus machte einen langen Hals und stellte seinen Kragen auf. "Was ist? Noch nie ein Megaloceros gesehen?" fragte Parker und brachte das Tier zum leerstehenden Stall, der neben dem Zelt stand und früher zur Tierzucht diente. Noch bevor er das Tier hineinleiten konnte, stand Keira bereits vor ihm und bekam fast einen Anfall. "Um Gottes Willen! Was ist das für ein Tier? So etwas kommt mir nicht in meinen Stall! Das Vieh kippt ja beim nächsten Windstoß um!" rief sie, was Parker mit einem ganz ruhigen "Lasst nur, ich kümmere mich um es." kommentierte. So ließ sie es ihn in den Stall bringen, wo er es erstmal ausgiebig mit Gras und Getreide aus der Vorratskammer fütterte. Auch wenn die Frau anderer Meinung war, Parker mochte das Tier. Er spürte einfach, dass es zu ihm gehörte, irgendwie. Er brauchte nur in die wundervollen, glänzenden Augen des Tieres zu schauen, schon war es um ihn geschehen. Vielleicht lag es daran, dass seine Mutter eine Späherin war und ihn immer auf ihrem Megaloceros reiten ließ, als er noch klein war. Außerdem hatte er immer ein eigenes Megaloceros haben wollen. Für ihn war es das schönste Tier auf Erden. Egal, was die Anderen meinten.
Robo und Tala waren in der Zwischenzeit unten an der Küste angelangt und sahen hinüber zur Eisinsel. Robo konnte schwören, von der Klippe aus ein weißes Megaloceros gesehen zu haben, doch nun an der Küste war von dem mysteriösen Tier keine Spur mehr. Tala sah dies als Bestätigung. "Siehst du, es gibt kein weißes Megaloceros auf der Eisinsel, du hast es dir nur eingebildet. Komm, lass uns gehen." Doch Robo rührte sich nicht. "Aber ich war absolut sicher..." sagte er und suchte mit den Augen die Gegend ab, als sein Blick auf ein altes Fischerboot fiel, welches zwischen zwei steifgefrorenen Bäumen lag. Kurzerhand zog er es hervor und schob es ins Wasser. "Hey warte! Was hast du vor?" rief ihm Tala hinterher. "Ich fahre hinüber und sehe nach!" gab Robo zurück, schwang sich in das klapprige Boot und ruderte auf die ungefähr 40 Meter entfernte Insel zu. Noch bevor Tala ihn zurückhalten konnte, war er schon meterweit entfernt. Kopfschüttelnd blieb Tala zurück. Doch da geschah es aufeinmal, dass er das Tier selbst erblickte. Auf der Insel stolzierte nun deutlich eine weiße, hirschähnliche Gestalt. Er rieb sich mehrmals die Augen, doch das Tier blieb. Sollte dort wirklich ein Tier sein? Ein lebendes Tier? Gespannt beobachtete Tala Robo, der nun fast an der Insel angelangt war. Er sah ihn aussteigen und das Boot an Land ziehen. Der weiße Megaloceros war rechts von ihm, noch ca. 10 Meter entfernt. Robo richtete die Augen auf ihn und lief dann recht schnell auf das Tier zu. Tala versuchte nicht zu blinzeln, damit ihm auch wirklich nichts entging. Als Robo dann direkt vor dem Tier stand, sah er plötzlich um sich, ging noch ein Stück weiter und lief schließlich zurück zum Boot. Tala war mehr als verwundert.
Robo ruderte mit seinem Boot zurück ans andere Ufer, wo Tala ihn bereits erwartete. Er half ihm beim Anlegen und zog das Boot aus dem Wassser. "Warum bist du so plötzlich wieder weggegangen?" fragte Tala ihn. Robo ließ sich gegen die Außenwand des Bootes fallen und sagte:
"Du musst mir glauben, ich habe das Tier gesehen! Auch wenns nicht da war!" Tala sah ihn verdutzt an.
"Wie es war nicht da?"
"Das Megaloceros, es war nicht da. Als ich auf die Insel zusteuerte, sah ich es noch herumrennen, aber als ich angelegt hatte, lagen da nur die Skelette. An der Stelle, wo es zuletzt war, lag lediglich ein altes Gerippe." sagte Robo enttäuscht.
Tala blieb mit offenem Mund stehen. Dann packte er Robo etwas grob im Nacken, zog ihn hoch und schleppte ihn zur Küste zurück, wo er auf die Insel deutete. Und bei Gott, da stand das weiße Megaloceros. Robo starrte es verwundert an. "Da ist es ja wieder..." bemerkte er. "Es musste Angst bekommen und sich irgendwo versteckt haben."
"Was?!" entfuhr es Tala. "Das Megaloceros war die ganze Zeit da! Du warst ihm so nahe, dass du es hättest berühren können! Aber dann bist du aufeinmal weggegangen, als hättest du es nicht gesehen!"
Robo starrte noch verwunderter. "Aber es war nicht da als ich drüben war! Ich schwöre es!" verteidigte er sich. Tala sah noch eine Weile hinüber, dann klopfte er Robo auf die Schulter und sagte: "Von hier aus sieht man es, von dort drüben nicht. Warum wissen nur die Geister, vielleicht ist das Tier selbst einer. Es ist mehr, als wir beide verstehen können. Lass uns gehen, die Anderen werden schon warten."
Parker hatte sein Megaloceros inzwischen wieder nach draußen gebracht, um zu schauen, warum es lahmte. Er sah sich die Hufe des Tieres an. Dabei entdeckte er, dass es sich einen großen Stein eingetreten hatte. Mit einem Messer entfernte er den Stein vorsichtig, woraufhin das Tier vor Erleichterung umhersprang. In genau diesem Moment kamen Robo und Tala zurück auf den Trainingsplatz und wurden kreidebleich, als sie das weiße Megaloceros sahen. War dies nicht jenes geisterhafte Tier, welches eben noch auf der Eisinsel gewesen war?! Die beiden blieben stehen wie angewurzelt.
"Was ist? Gefällt euch mein Megaloceros nicht?" fragte Parker. Tala schluckte kräftig. "Doch Parker, warum denn nicht?" antwortete er und versuchte, sich das Entsetzen nicht anmerken zu lassen.
"Gut! Dann bring es zurück in den warmen Stall, die Kälte tut ihm nicht gut. Nimm Chico auch mit!" sagte Parker und ging ins Zelt. Mit ängstlich vorsichtigem Griff fasste er den Zügel des Megaloceros und nahm dann hastig, fast wie zum Schutz und ohne das Tier aus den Augen zu lassen, die Kette von Chico, um beide in den Stall zuführen. Da es schon dunkelte gingen sie ins Keiras Zelt, um das Abendessen vorzubereiten. Gerade als sie vor dem Eingang standen, zischte etwas über Parkers Kopf und landete neben Keira.
Es war ein Ramphorynchus mit einem kleinen Brief im Maul. Keira gab ihm eins der Leckerlis, welche sie immer für Chico mit sich trug, nahm ihm den Brief ab, überflog ihn kurz und sagte dann: "Also, Leute, da ich es mir schlicht und einfach nicht leisten kann, uns alle hier unterzubringen habe ich einen Freund aus Kalera um Hilfe gebeten. Morgen wird ein Mammut mein Zelt abholen und wir werden vorerst bei ihm wohnen. Er ist zwar ein Kämpfer, aber er ist sich noch nicht sicher, ob er mit uns ziehen wird. Aber, er wird uns gute Ausrüstung und Reittiere zur Verfügung stellen und wenn ihr ihm zeigt, was ihr könnt, wird er vielleicht mitkämpfen."
Die Jäger waren im Stillen erleichtert, aus Keiras engem Zelt rauszukommen und gingen deshalb nur zustimmend weiter. Nach dem Abendessen legten sie sich schlafen und am nächsten Morgen packten sie ihre Ausrüstung zusammen. Als die schwache Sonne am Höchsten stand kamen nicht nur ein sondern gleich zwei Mammuts. Auf das Erste packten sie mit einiger Mühe das Zelt und ihr Gepäck, das Zweite trug ein kleines Zelt - oder eher eine mit Fell bedeckte Holzschachtel - auf dem Rücken, in das Keira und die Jäger einstiegen. Chico, Robos Raptor, den er wegen seiner knochigen Gestalt kurzerhand "Bone" genannt hatte, und Parkers Megaloceros, mit dem schönen Namen Maradniel, stapften neben her, durch endlose Schneelandschaften, dichte Nadelwälder, Felswüsten und wieder Schneelandschaften. Spät abends kamen sie an, vom Schaukeln ihres Transportgerätes und Kälte ziemlich ausgelaugt. Vor ihnen stand ein riesiges Haus, einem kleinen Palast ähnelnd, aus dem ein Mann mittleren Alters und in der Bekleitung zweier Krieger heraustrat. Er umarmte Keira freundlich, als er sie sah, dann wandte er sich den Jägern zu. Doch anstatt eines abschätzigen Blickes, wie sie es von den meisten Adligen gewöhnt waren, ging er auch auf sie freundlich zu und schüttelte ihnen die Hand, bevor er sie - immernoch mit einem Lächeln im Gesicht - in sein Haus brachte.
Neue Hoffnung und hartes Training
Die beiden Krieger nahmen die Tiere mit in die Ställe und die Jäger folgten Keira und ihrem Freund in dessen "bescheidenes" Haus. Durch eine riesige Eingangshalle, deren Boden aus blauem Stein gefertigt war, traten sie in ein etwas kleineres, rundes Zimmer. Auch hier war der Boden in eisigem Blau, doch gegenüber der Türe loderte das helle Feurer eines Kamins und heizte den Raum. In der Mitte des Raumes stand ein Tisch, umringt von Bären- und Rhinopelzen, auf die sich Keira und die Jäger auf Geheiß Komros, wie Keiras Freund genannt wurde, setzten.
Er begann das Gespräch mit:"Keira hat mir von eurem Vorhaben erzählt und ehrlich gesagt finde ich es großartig, das endlich jemand etwas unternimmt, nachdem die Barbaren mir immer wieder meine Ländereien verwüsten und branschatzen. Fühlt euch hier wie zu Hause. Eure Tiere sind in den Ställen und ihr habt einen großen Trainingsplatz. Ihr bekommt von mir gute Waffen und Verpflegung. Jetzt aber esst etwas und legt euch schlafen, ich muss mich noch mit Keira unterhalten." Er rief einen Diener, der sie in den Speisesaal führte. Dort konnten sie alles essen, was ihr Herz begehrte, köstliche Braten, erlesenste Früchte und duftende Gewürze, dazu besten Met. Als sie satt waren führte man sie in einen langen Schlafsaal und sie schliefen vor Erschöpfung sofort ein.
Am nächsten Morgen konnten sie etwas länger schlafen, doch schon bald wurden sie von einem weiteren Diener geweckt und in den Speisesaal geführt, wo Komro und Keira schon auf sie warteten. Während sie gierig ihr Frühstück verschlangen (Keira schüttelte nur ungläubig den Kopf, als sie das sah), erklärte Keira ihnen den Stand der Dinge:"Also, Komro muss seine Ländereien beaufsichtigen, deshalb wird er uns nur materiell unterstützen können, aber er gibt uns zur Verstärkung einen seiner Bogenschützen und jedem das Reittier seiner Wahl mit. Nun esst erstmal kräftig und nachher treffen wir uns auf dem Trainigsplatz."
Nach dem Essen war es dann soweit. Doch auf dem Trainingsplatz standen nicht nur Keira und Komro, sondern auch eine ganze Sammlung mit Leder- und Metallpanzern bestückter Tiere. "Sucht euch aus, was euch am Besten gefällt, das geht alles auf meine Kosten.", war das erste, was die Jäger hörten, bevor sie aus ihrer Überraschung gerissen wurden. Etwa eine halbe Stunde lang dauerte es, bis jeder gefunden hatte, was er wollte. Robo ritt auf einem struppigen Rhino, das er "Terk" nannte, Parker suchte sich einen Eusmilus, den er "Dagon" rief und an eine Leine nahm, Cole und Slim teilten sich ein gewaltiges Kampfmammut, auf dessen Rücken sie saßen und welches auf den Namen "Farul" hörte während Tala sich einen störrischen Keiler namens "Rasu" rauspickte. Da in der Paraworld das Reiten zum Alltag gehörte, blieb ihnen jedoch erst der Mittag, um sich mit ihren neuen Gesellen anzufreunden. Nun ging wieder das Training los, wobei Keira diesmal um einiges entspannter war. Als sie gerade Anweisungen verteilen wollte, schritt ein in schwarz gekleideter Bogenschütze auf den Platz, der sich nur kurz mit "Seiet gegrüßt, ich wurde von Komro gebeten, euch zu begleiten und werde auf dem Mammut mitreiten, wenn es euch nichts ausmacht." Ohne Gegenfragen zuzulassen sagte er zu Keira:"Schick die Möchtegern-Bogenschützen zu mir, dann werd ich ihnen schon das Schießen beibringen."
Keira antwortete scharf:"Gedulde dich, du bekommst schon noch deine Schüler, Loctus", wandte sich zu den Jägern und sprach unbeirrt weiter:"Ihr habt gehört, wer Bogenschießen lernen will, soll zu ihm gehen, die restlichen üben in Zweiergruppen."
Gesagt, getan. Robo und Tala übten wieder mit Speeren zu kämpfen, Cole und Parker trainierten mit Axt und Kriegshammer, welche sie aus einer Waffenkammer aussuchen durften, umzugehen und während Slim sich vorerst mit Loctus herumschlagen durfte, brachte Chico Bone einige Biss- und Sprungangriffe bei. Tala und Robo schwangen sich mitlerweile die Speere um die Ohren, dass man sie kaum noch erkennen konnte, doch bei Cole und Parker schritt Keira ein:
Sie nahm einen Speer, trat vor Parker und forderte ihn zum Kampf auf. Parker schlug mit seinen Hämmern nach ihr, doch sie parrierte beide nacheinander und trat Parker in den Schnee, dass ihm für einige Augenblicke die Luft wegblieb. Sie hielt ihm den Speer an die Kehle und sagte mit blitzenden Augen:"Du musst deine beiden Waffen koordinieren, mein Guter, so wie du jetzt kämpfst wäre es im Kampf dein Tod gewesen. Steh auf!"
Parker stand auf, sie forderte ihn wieder zum Kampf und diesmal lief es besser: Er schlug mit einem Hammer, sie parrierte und er schlug mit dem anderen von der Seite. Sie wich jedoch mit einem Sprung nach hinten aus und schlug ihm mit ihrem Speer gegen die Beine, sodass er wieder zu Boden fiel. "Schon besser, jetzt übt mal weiter", damit ging sie zu Robo und Tala, diesmal Robo zum Kampf fordernd. Sie standen erst voreinander, dann ging es los:
Robo wartete auf Keiras Angriff und anstatt sich zu gedulden, griff sie nun als Erste an. Sie versuchte es mit einem Stichangriff, doch Robo parrierte geschickt, indem er ihren Speer aus der Bahn stieß. Sofort setzte er zum Gegenangriff an, musste jedoch sehen, wie Keira ihn mit einem festen Ruck den Speer entriss, ihn wendete und gegen seinen Besitzer richtete. Beide keuchten sie vor Anstrengung, keiner bewegte sich vor Anspannung, doch im erlösenden Augenblick tönte der Gong, der eine Stunde Mittagspause verhieß. Die Jäger trugen ihre Waffen zusammen und während Keira und Loctus zu Komro essen gingen, kümmerten die anderen sich ausgiebig um die Bedürfnisse ihrer Tiere. Robo bürstete und fütterte das Rhino und vergas auch seinen kleinen Raptor nicht, Slim und Cole pflegten das Mammut sowie den Eusmilus und Parker unternahm nun den ersten Versuch, auf seinem Megaloceros zu reiten.
Robo, der Tierflüsterer
Er war ein ausgezeichneter Reiter, daran kein Zweifel, doch das Megaloceros war anscheinend noch nie geritten worden; es ließ sich einfach nicht satteln. Immerwieder warf es den Kopf zurück, schnaubte, brüllte und schlug mit den Beinen aus. Warscheinlich kannte es die Prozedur nicht und hatte Angst. Der Mann von dem Parker das Megaloceros hatte sagte ja auch, dass er es verkaufen will, weil er es nicht reiten konnte. Das Tier musste sich erst daran gewöhnen, doch wie sollte man es ihm am besten lernen ohne es noch ängstlicher zumachen? Parker versuchte es nach dem Prinzip der Nordmänner; konsequent satteln. Wenn der Sattel dann erst mal auf dem Rücken war, würde das Tier merken dass es nicht schlimm ist und beim zweiten Mal stillhalten. Doch auf diese Weise klappte es erst recht nicht. Der Hirsch riss sich von dem Zaun, an dem er festgebunden war, los und rannte wild im Kreis herum, wobei er Parker mit seinem doch recht kräftigen Geweih zu Boden warf. Er fiel äußerst unsanft in den Schnee, wo er eine kurze Weile liegen blieb. Das Megaloceros blieb stehen und sah auf ihn herab, bevor es langsam auf ihn zukam und den Kopf senkte, als wolle es um Verzeihung bitten. Doch Parker warf den Sattel von sich, stand auf und lehnte sich wütend an den Zaun. Das Megaloceros flüchtete sich hinter das Haus auf den Trainingsplatz, wo es Robo überraschte, der gerade seinen Raptor "Bone" fütterte. Robo stand langsam auf und begrüßte das Tier mit einem freundlichen "Hallo mein Freund, wie geht es dir?" Er redete mit dem Megaloceros wie mit einem Menschen. "Wo ist denn Parker?" fragte er es, als dieser hinter dem Haus vorkam und wutentbrannt "Hier ist Parker!" zurückgab. Das Megaloceros sprang auf und galoppierte einige Meter von ihm weg. "Maradniel!" brüllte Parker "Komm hier her! Sofort! Wirst du wohl gehorchen?" Doch das Tier lief immer weiter weg, je lauter sein Herr rief. Robo schüttelte den Kopf. "Was ist denn mit dir los? Hat Maradniel dir etwas getan?" fragte er. Parker sah ihn an. "Er hat mich in den Schnee gestoßen als ich ihn satteln wollte." Robo sah das Tier an, dessen Ohren neugierig zuckten. "Ich glaube so wirst du ihn nicht satteln können, er wird dir immer wieder davon rennen." bemerkte er. Parker schlug genervt mit dem Zaumzeug gegen den Begrenzungszaun. "Und wie soll ich ihn deiner Meinung nach satteln?!" "Erst mal überhaupt nicht, er braucht Zeit sich daran zu gewöhnen. Vielleicht hat er einen Grund, warum er nicht gesattelt werden will. Den müssen wir herausfinden". Parker sah ihn an als könne er mit seiner Idee nichts anfangen. "Rausfinden? Wie willst du das machen?" fragte er, und Robos Antwort kam mit einer großen Portion Selbstverständlichkeit: "Vielleicht sollten wir ihn einfach fragen..." Parker sah ihn ungläubig an. Er trat näher auf Robo zu. " Sag mal...bist du übergeschnappt? Das ist ein Tier! Ich meine, ein Tier!! Du willst es fragen warum es nicht gesattelt werden will?" Robo öffnete den Mund, als ob er etwas sagen wollte. "Äh...ja..." Parker drehte sich um, setzte sich auf einen Stein und höhnte: "Wenn du das schaffst geb ich dir 20 Goldstücke und mein Jagdmesser." Robo zog seine Augenbrauen nach oben. "Wirklich?" fragte er. "Wenn du es schaffst ihn zu satteln ja." Robo grinste. Dann wandte er sich an das Megaloceros und ging langsam darauf zu. Als es davonlief, kniete er sich vor ihm in den Schnee. Beide sahen sich eine Zeit lang in die Augen. Der Megaloceros war interessiert, blieb aber an der Stelle stehen. Robo blieb wo er war und wartete geduldig, bis das Tier aufeinmal auf ihn zuging. Parker blieb vor erstaunen die Luft weg. Das wilde Tier schien plötzlich gezähmt! Er stand auf um besser sehen zu können. Robo und der Megaloceros kamen sich so nahe, dass sie einander fast berührten. Sie sahen sich gegenseitig an, bis Robo langsam seine Hand nach dem Tier ausstreckte und es an der Wange nach unten gehend streichelte. Der Hirsch kam noch näher, und Robo drückte seine Stirn an die des Tieres. So verharrten sie einige Minuten. Sie schienen wie untrennbar miteinander verbunden. Ihre Augen waren geschlossen. Man meinte, zwei Skulpturen zusehen, denn keiner der beiden rührte sich. Bis der Hirsch plötzlich wie von Schmerz geplagt aufschrie und herumhüpfte, Robo dabei umstieß und davonrannte. Parker ging zu Robo und half ihm auf. "Wie hast du das gemacht dass er zu dir gekommen ist?" fragte er ihn. "Ich habe mit ihm gefühlt. Er hat Schmerzen im Rücken, deshalb lässt er sich nicht satteln. Wir sollten uns das ansehen." Parker sah ihn an als hätte er einen Geist gesehen. "Du kannst seine Schmerzen fühlen? Wie machst du das?" Robo antwortete nach einer kurzen Pause: "Einfach so. In meiner Familie konnten das alle."
Wildkatzenangriff
Währenddessen saßen Keira, Komro und Loctus beim Essen und diskutierten, wie sie weiter vorgehen sollten. "Wir sollten erstmal zwei bis drei Tage hier bleiben und trainieren, wenn du nichts dagegen hast Komro", kam der Vorschlag von Keira.
"Aber nein, nicht im Entferntesten. Bleibt ruhig solanger ihr wollt. Ihr seid die Ersten, die jemals etwas gegen die Barbaren unternehmen wollen", versicherte Komoro sofort.
"Nur werde ich die nächsten Tage auf einem anderen meiner Höfe nach dem Rechten sehen müssen, so dass ich euch nicht selbst unterstützen kann. Aber ihr habt ja noch Loctus. Auf den könnt ihr euch verlassen."
"Training hat deine Truppe wirklich dringend nötig. So, wie die heute gekämpft haben, hätten sie im Ernstfall keine fünf Minuten durchgehalten", kam es von Loctus.
"Erstens ist das nicht meine Truppe und zweitens weiss ich selbst, dass sie so keinen Blumentopf gewinnen würden", erwiderte Keira leicht gereizt.
"Ausserdem: wenn es dir nicht passt, dann bleib doch hier. Keiner zwingt dich mit uns mitzugehen."
"Jetzt mach aber mal halblang. Ich hab doch nur gesagt, was Tatsache ist. Natürlich will ich mit euch mitkommen. Seit Jahren warte ich schon auf diesen Augenblick.
"Sofort kam von Komro: "Frag am Besten gar nicht, er redet nicht gern darüber."
"Na gut, wollen wir wieder nach draußen und weitermachen?" fragte Keira ziemlich verwirrt.
"Ja, lass uns weiter machen, das was vor uns liegt wird anstrengend werden. Da ist es gut, wenn sie sich schonmal ein bisschen dran gewöhnen", sagte Loctus und verschwand mit Keira nach draussen auf den Trainingsplatz.
Während alle auf dem Trainingsplatz waren und sich von Keira ausbilden ließen, machte Robo sich auf die Suche nach Maradniel. Es war davon gerannt, als er es nach den Gründen, weshalb es sich nicht satteln ließ, "fragen" wollte. Das Tier schien Schmerzen zu haben, die durch den Sattel verstärkt wurden. Nach einer guten halben Stunde fand er es auf einer entfernten Waldlichtung. Der Megaloceros versuchte vergeblich, eine der erfrorenen Pflanzen zu fressen. Robo stieß einen tiefen Ton durch seine Kehle aus, woraufhin das Tier den Kopf zu ihm drehte und auf ihn zukam. Er streichelte ihm den Kopf und sah es wieder an. Dann, nach ein paar Minuten, ging er um das Megaloceros herum und begann vorsichtig seinen Rücken abzutasten. Das Tier blieb ganz ruhig stehen, doch als Robo einen der Wirbel berührte, fing es plötzlich zu gröhlen an. Warscheinlich steckte da etwas tief in der Haut. Mit größter Vorsicht versuchte Robo es nochmal und spürte einen metallernen Splitter, der im Fell unter Haut steckte und festgewachsen war. Der Auslöser des Schmerzes! Deshalb ließ es sich nicht satteln, der Splitter musste raus, doch Robo war kein Tierarzt. Was sollte er tun?
Robo beschloss, Maradniel zurück zu den anderen zu bringen. Komro hatte sicher einen Tierarzt in seinem Palast, der wüsste was zu tun ist. Gerade als er den Zügel des Tieres gepackt hatte, begann es zu wiehern, riss sich los und starrte angsterfüllt ins Gebüsch. Dort bewegte sich etwas. Langsam schritt Robo darauf zu, als er einen Schrei des Megaloceros hörte und von etwas Schwerem zu Boden gerissen wurde. Vor ihm sprang ein schwarzer Schatten aus dem Gebüsch über ihn hinweg. Er spürte, wie zwei große Tatzen schwer auf seinem Schulterblättern lasteten. Mit einem Ruck stieß er das Etwas von sich, das wütend fauchte. Es war ein Eusmilus, nein, zwei Eusmilus, die ihn und den Hirsch umzingelten. Ein dritter und ein vierter sprangen heraus und kreisten sie ein. Robo zog fest entschlossen seinen Speer und hielt die Tiere auf Distanz. Eine Weile konnte er sein Herz in der tödlichen Stille klopfen hören, dann sprang der erste Eusmilus auf ihn zu. Er erhob seinen Speer und richtete ihn gegen das Tier. Ein kurzer Schrei, spritzendes Blut. Der Eusmilus hatte sich aufgespießt. Der zweite und der dritte griffen gleichzeitig an, und Robo konnte den einen mit dem Fuß wegtreten, während er den Anderen mit dem Speer wegstieß. Doch als der vierte ihn von hinten ansprang und sich in sein Genick verbiss, fiel er zu Boden. Er konnte nicht mit dem Tier ringen, zu fest war sein Biss dafür. Robo dachte, dass sein Ende gekommen war, doch dann rannte das Megaloceros auf die Angreifer zu, senkte den Kopf und stieß das Tier von ihm. Es knallte gegen einen morschen Baum, der unter dem Gewicht des Eusmilus zerbarste. Dann drohte der Megaloceros den anderen beiden mit seinem Geweih, woraufhin sie im Unterholz verschwanden. Als es sie vertrieben hatte, ging Maradniel auf Robo zu und stieß ihn vorsichtig mit der Schnauze an, doch er rührte sich nicht. Er lebte, aber durch den Nackenbiss war er gelähmt. Sein Körper spürte nur noch den kalten Untergrund, und das Gefühl der Gewissheit, dass er ohne Hilfe sterben würde...
Die anderen warteten ungeduldig auf Robo, als er eine Weile verschwunden war.
Während sie ihn suchten rief Parker: "Schaut mal, ich hab hier Spuren gefunden!"
Sie sahen Maradniels Spuren und daneben Robos, beide führten in den Wald. Keira wendete sich zu Tala: "Hol Rasu, beeil dich, in diesem Wald ist es nicht sicher, wir sollten Robo schnell finden" Tala eilte zum Stall, hinter ihm Keira, sie traten herein, legten ihren Tieren in Windeseile Sattel und Zaumzeug an , stiegen auf und ritten los. Schnell ging es nun, Chico rannte mit Keira vorraus, doch Rasu konnte Schritt halten und trottete hinterher. Den beiden Reitern flog der Schnee ins Gesicht, Keiras Haare wehten.
Der Ritt endete aprupt, als sie Robo im Schnee liegen sahen, Maradniel über sich gebeugt. Keira sprang schon von ihrem Reittier ab, Tala folgte ihr. Sie sahen sofort, dass Robo noch lebte, doch nun mussten sie schnell sein...sehr schnell.
In wenigen Sekunden hatten sie Robo zusammen auf Chicos Rücken gehieft und rannten, Maradniel im Schlepptau, zurück.
Doch der Rückweg schien endlos, Ewigkeiten schienen zu vergehen und Robo hing schlaff hinter Keira, noch atmete er, doch wie lange noch?
Erlösend war der Anblick von Komros Haus. Erleichtert kamen die anderen angelaufen, doch als sie sahen, was geschehen war, erblassten sie. "Bringt ihn zu einem Heiler, schnell!", rief Komro, der gerade dazukam.
Doch nun war Chico erschöpft, er war es nicht gewohnt, zwei Passagiere zu tragen und die kalte Luft machte ihm ohnehin zu schaffen. Parker dagegen war vorbereitet - er hatte Terk schon gesattelt. Diesmal ging es schon schwerer, Robo auf den Rücken des Nashorns zu legen, denn Tala und Keira waren erschöpft - weniger vom schnellen Ritt, als mehr von der Unsicherheit, die sie nun überkam. Wie würde es weitergehen? Könnten sie Robos Verlust verkraften? Tod gehörte in dieser Welt, und besonders in diesem entlegenen Winkel der Eiswüste, zur Tagesordnung. Doch sie waren auch so schon zu wenige, um eine wirkliche Chance gegen die Barbaren zu haben. Würden sie es ohne Robo überhaupt noch schaffen? Nicht nur, dass ihnen ein Kämpfer fehlen würde - auch konnte er esser als Slim oder Tala mit den Tieren umgehen.
Jedenfalls gelang es ihnen dann doch noch; Robo hing nun von Terks Rücken und ab jetzt lag sein Leben in Parkers Händen. Sie sahen ihm noch nach, während er auf Terk am Horizont verschwand; und dann gingen sie zurück. Zurück in Komros Haus, saßen an der großen Tafel und schwiegen; schwiegen einfach nur und hofften.
Der Abschied
Zwei Wochen waren vergagen, Wochen der Qual und der Trauer. Robo war zäh, wie jeder der Jäger hatte er schon viel hinter sich. Ein Nackenbiss allerdings war für die meisten ein Todesurteil, die nicht sofort versorgt wurden. Alles hing nun davon ab, wie lange Parker brauchte, wie lange Robo durchhalten würde. Dann sah Keira Terk am Horizont. Parker ritt auf ihm und schrie mit verzweifelter Stimme: "Leute, ich hab eine schlechte Nachricht für euch...", blass wurden die Gesichter, derer, die es hörten, "der Spinner hats geschafft!" Dann kam Robo auf Maradniel hinterhergeprescht - holte Terk kurz vor dem großen Tor ein und sprang ab. Keira, Tala und Slim fielen ihm um die Arme - Cole, Parker und Loctus sahen zu. Während Parker ja schon seit einigen Tagen über Robos Genesung bescheid wusste, waren Cole und Loctus einfach nicht Leute, die viele Emotionen zeigten, auch wenn man ihnen die Freude ansah.
Komro trat wie immer als letzter hinzu, wie immer in einen edlen mantel gekleidet, trat zu Robo und lächelte einfach nur, fast wie ein Kind, doch trotzdem immer Respekt einflösend. "Wir haben viel Zeit verloren, meine Freunde. Ich muss morgen gehen, meine Aufgaben warten auf mich. Loctus wird euch alles weitere erklären, aber heute wird unser letzter gemeinsamer Abend sein, denke ich.", sprach er und schreitete zurück in irgendein Zimmer seines unübersichtlichen Hauses.
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